Einfluss des klimatischen und sozioökonomischen Wandels auf einen bewirtschafteten Küstenaquifer
Das Eindringen von Salzwasser in küstennahe Grundwasserleiter führt in zahlreichen Regionen weltweit zu einer Verschlechterung der Grund- und Oberflächenwasserqualität, was eine erhebliche Bedrohung für die Wasserversorgung der Haushalte, der Industrie, der Landwirtschaft und zukünftig auch im erheblichen Maße der Energiegewinnung im Zuge der Wasserstoffstrategie darstellt. In den Küstenregionen ergeben sich dadurch komplexe hydrologische Herausforderungen, die durch die klimatische und demografische Entwicklung teilweise noch vielschichtiger werden. Ziel der Arbeit ist deshalb die integrierte Erfassung und modellhafte Nachbildung eines hydrologisch-wasserwirtschaftlichen Systems in einem Küstengebiet als Grundlage für die Ableitung von Anpassungsstrategien für deren Bewirtschaftung unter dem Einfluss klimatischer und sozioökonomischer Veränderung. Für die integrierte modellhafte Untersuchung dieser Prozesse wird ein Wasserhaushaltsmodell (Modellsystem PANTA RHEI) aufgebaut und mit einem numerischen dichteabhängigen Grundwassertransportmodell (Modellsoftware FEFLOW) kombiniert. Mit Hilfe der Modelle wird der Wasserhaushalt für den Beobachtungszeitraum von 1971 bis 2015 und für verschiedene Modellvarianten von 2006 bis 2050 untersucht. Die Berechnungen erfolgen unter Berücksichtigung des Meeresspiegels, von Klimaszenarien (Euro-Cordex-Ensembles, RCP4.5, RCP 8.5) sowie auf sozioökonomischen Analysen basierende Grundwasserentnahmeszenarien. Als Modellgrundlagen dienen u.a. klimatische Beobachtungsdaten, wasserwirtschaftliche Daten, Hubschrauberelektromagnetik-Daten (HEM-Daten) sowie ein großräumiges geologisches Strukturmodel. Die hydrologisch-wasserwirtschaftlichen Bewertungsindikatoren für den Ist- und Prognosezustand sind der Niederschlag, die Evapotranspiration, der Entwässerungsbedarf, die Grundwasserneubildung, die Standrohrspiegelhöhen, die Salzkonzentration sowie das Frischwasserdargebot. Im gesamten Beobachtungszeitraum (Dekaden 1951-2010) zeigen sich für den Niederschlag Tendenzen einer Zunahme für die Monate Januar, Februar und März. Bei den Szenarien sind Zunahmen der Niederschläge im Median für den Zeitraum 2021 bis 2050 insbesondere in den Herbst- und Wintermonaten zu verzeichnen. Für die aktuelle Evapotranspiration lassen sich im Beobachtungszeitraum Anstiege für die Monate März und April sowie den Monat Oktober ableiten. Zunahmen der aktuellen Evapotranspiration sind im Median für den Zeitraum 2021 bis 2050 insbesondere in den Monaten Juni bis Oktober zu erkennen, diese sind jedoch im Verhältnis zur Niederschlagsentwicklung aufgrund der wenigen signifikanten Trends als deutlich weniger robust anzusehen. Ein erhöhter Entwässerungsbedarf lässt sich im gesamten Beobachtungszeitraum (Dekaden 1951-2010) für die Monate Februar, März und November erkennen. Auch für die Szenarienberechnungen kann im Median ein Anstieg des Entwässerungsbedarfes festgestellt werden. Die Entwässerungszunahme hat dabei ein ähnlich robustes Signal wie die Niederschlagszunahme. Tendenzen einer verstärkten Grundwasserneubildung lassen sich im Beobachtungszeitraum hingegen nur für den Monat März erkennen. So führt der Anstieg des Niederschlags und des Abflusses nicht unmittelbar zu einer höheren Grundwasserneubildung, da insbesondere in den Marschbereichen auch höhere Niederschläge über das Entwässerungssystem abgeführt werden müssen, um Vernässungen zu vermeiden. Im Median sind Zunahmen der Grundwasserneubildung für den Zeitraum 2021-2050 festzustellen. Der Anstieg bezieht sich in erster Linie auf die Geestbereiche mit gut durchlässigen und ergiebigen Grundwasserleitern. Die Standrohrspiegelhohen entwickeln sich entsprechend der angesetzten Grundwasserneubildung und der Grundwasserentnahme. In der Marsch kommt es durch die leicht ansteigende Grundwasserneubildung lokal zu einem Anstieg der Standrohrspiegelhöhen, für die meisten Grundwasserwassermessstellen sind aber keine oder nur geringfügige Änderungen zu verzeichnen. Auf der Geest sind in den förderbeeinflussten Gebieten überwiegend rückläufige mittlere Standrohrspiegelhöhen zu erkennen, was im deutlichen Anstieg der angesetzten Grundwasserentnahme begründet liegt. Dies betrifft insbesondere Grundwassermessstellen, die im Entnahmehorizont verfiltert sind und sich im direkten Umfeld der Förderbrunnen befinden. Insgesamt ist zu erkennen, dass die steigende Grundwasserneubildung nur einen sehr geringen Effekt auf die Standrohspiegelhöhen hat, da sie im Rahmen der Varianten durch die höheren Entnahmen kompensiert wird oder sich der Basisabfluss erhöht. Damit sind auch für sich wandelnde Klimabedingungen die maßgeblich regulierenden Größen die Grundwasserentnahme und die Entwässerungssteuerung. Die dichteabhängigen Berechnungen zeigen für die Szenarien bis 2050 eine Verbreiterung der Übergangszone zwischen Süß- und Salzwasser in oberflächennahen Schichten, etwa gleichbleibende Verhältnisse für den Großteil des Modellgebietes in einer Tiefe von 60 m u GOK sowie ein Vorrücken der Salz-Süßwassergrenze an der Modellbasis. Insgesamt konnten im Rahmen der Untersuchungen plausible Ergebnisse erzielt werden, die jedoch aufgrund der Datenvielfalt und auch der Vielzahl von Modellen mit nicht quantifizierbaren Unsicherheiten behaftet sind. Dennoch lässt sich eine robuste Tendenz zu ansteigendem Entwässerungsbedarf sowie leicht ansteigender Grundwasserneubildung für den Zeitraum 2021 bis 2050 auf Basis der zugrunde gelegten Klimaszenarien feststellen.
The intrusion of saline water into coastal aquifers leads to a deterioration of groundwater and surface water quality in numerous regions worldwide, which poses a considerable threat to the water supply of households, industry, agriculture and, in the future, also to a considerable extent to energy production in the course of the hydrogen strategy. In coastal regions, this results in complex hydrological challenges, some of which are made even more complex by climatic and demographic trends. The aim of this work is therefore the integrated recording and modeling of a hydrological-water management system in a coastal area as a basis for the derivation of adaptation strategies for their management under the influence of climatic and socio-economic change. For the integrated model-based investigation of these processes a water balance model (model system PANTA RHEI) is built up and combined with a numerical, density-dependent groundwater transport model (model software FEFLOW). The models are used to investigate the water balance for the observation period from 1971 to 2015 as well as for different model variants from 2006 to 2050, considering sea level, climate scenarios (Euro-Cordex ensembles, RCP4.5, RCP 8.5) and groundwater abstraction scenarios based on socio-economic analyses. Model inputs include observational climatic data, water management data, helicopter electromagnetic (HEM) data, and a large-scale geologic structure model. The hydrologic assessment indicators for the actual and forecast conditions are precipitation, evapotranspiration, drainage, groundwater recharge, groundwater levels, salinity, and freshwater supply. For precipitation, the entire observation period (decades 1951-2010) shows trends of increases for January, February, and March. For the scenarios, increases in median precipitation for the period 2021 to 2050 are particularly evident in the fall and winter months. For current evapotranspiration, increases in spring can be derived for the months of March and April and the month of October during the observation period. Increases in evapotranspiration can be seen in the median for the period 2021 to 2050, particularly in the months of June to October. However, the increase is considered much less robust relative to precipitation trends due to the few significant trends. For the drainage demand, increases can be seen for the months of February, March, and November over the entire observation period (decades 1951-2010). A median increase in drainage demand can also be seen for the scenario calculations. The increase in runoff has a similar robust signal as the increase in precipitation. Trends of an increase in groundwater recharge can be seen in the observation period for the month of March. Thus, the increase of precipitation and runoff does not directly lead to a higher groundwater recharge, since especially in the marsh areas also higher precipitation has to be discharged via the drainage system to avoid waterlogging. Median increases in groundwater recharge are observed for the period 2021-2050. The increase primarily relates to the geest areas with well-drained and high-yielding aquifers. The groundwater levels develop according to the assumed groundwater recharge and groundwater pumping. In the marsh, a slight increase in groundwater recharge results in local increases of groundwater levels, but for most groundwater monitoring wells there are no or only minor changes. In the geest areas, predominantly declining groundwater levels can be seen in the pumping areas, which is due to the significant increase in the applied groundwater extraction. This particularly affects groundwater monitoring wells that are filtered in the abstraction horizon and are located in the direct vicinity of the production wells. Overall, it can be seen that the increasing groundwater recharge has very little effect on the groundwater levels because it is compensated for by the higher withdrawals or baseflow increases under different variants. Thus, even for changing climatic conditions, the significant regulating variable is groundwater withdrawal and drainage control. Accordingly, the density-dependent calculations show a widening of the transition zone between freshwater and saltwater in near-surface layers, approximately constant conditions for most of the model area at a depth of 60 m below ground level and an advance of the salt-freshwater boundary at the model base. Overall, plausible results could be obtained within the scope of the investigations, which, however, are subject to uncertainties due to the diversity of data and also the large number of models. Nevertheless, a robust trend of increasing drainage demand as well as slightly increasing groundwater recharge can be observed for the period 2021 to 2050 on the basis of the climate scenarios used.
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