Untersuchung variothermer Werkzeugtemperierung mittels Infrarotstrahlung im Spritzgießprozess
Ausgehend von einer Analyse und Bewertung des Standes der Technik eingesetzter Temperiertechnologien zur variothermen Werkzeugtemperierung im Spritzgießprozess wurden im Rahmen dieser Arbeit Anforderungen an variotherm temperierte Spritzgießwerkzeuge definiert. Wesentlich sind dabei Kriterien, die die Temperaturwechseldynamik beeinflussen, die Möglichkeit zur Integration in den automatisierten Spritzgießzyklus und die Homogenität der resultierenden Temperaturverteilung. Ausgehend von den Anforderungen wurden Werkzeugkonzepte entwickelt und zueinander bewertet. Das gewählte Werkzeugkonzept stellt eine Kombination aus der Erwärmung mittels Infrarotstrahlung durch Halogenstrahler in Kombination mit einem Wasserkühlsystem dar. Um die zu temperierenden Massen zu minimieren und damit die Temperaturwechseldynamik zu erhöhen, wurden die feste und bewegliche Werkzeughälfte jeweils in einen Werkzeugaufsatz und einen Werkzeugeinsatz geteilt, die im geöffneten Zustand keinen Kontakt zueinander haben und durch einen Luftspalt voneinander thermisch isoliert sind. Die Werkzeugaufsätze bilden dabei die für die Formgebung kritischen Bereiche ab. In den Werkzeugeinsätzen sind jeweils Kühlkanäle eingelassen, wodurch diese permanent mit Kühlwasser durchströmt werden. Im geöffneten Zustand des Werkzeuges erfolgt die Erwärmung der Werkzeugaufsätze durch die rückseitige Bestrahlung durch die Halogenstrahler. Diese sind in den Werkzeugeinsätzen eingelassen. Durch diese integrative Bauweise kann der Prozessschritt des Aufheizens zyklusparallel zu anderen Werkzeugfunktionen und -bewegungen (Öffnen, Schließen, Auswerfen) erfolgen. Beim Schließen des Werkzeuges wird der isolierende Luftspalt geschlossen und es kommt zu einer Kühlung der Werkzeugaufsätze durch den Kontakt zu den im Verhältnis kälteren Werkzeugeinsätzen. Wärmeenergie, die nicht sofort vom Kühlsystem abgeleitet werden kann, wird zunächst im Werkzeugeinsatz gespeichert und vom Kühlsystem herausgetragen, sobald der Kontakt zum jeweiligen Werkzeugaufsatz wieder aufgehoben wird. Dadurch kann auch ein Teil der Kühlzeit zyklusparallel erfolgen. Das entwickelte Werkzeugkonzept wurde in ein Versuchswerkzeug übertragen, mit dem Fertigungsversuche durchgeführt wurden. Zunächst erfolgte die Untersuchung, ohne Kunststoffschmelze in die Kavität zu injizieren, um die Temperaturwechseldynamik unabhängig vom Einfluss der transportierten Energie der heißen Kunststoffschmelze zu quantifizieren. Es konnten eine Aufheizrate von bis zu ṪHeiz=4,2 K/s und eine Abkühlrate von bis zu ṪKühl=2,7 K/s erzielt werden. Danach wurden Fließspiralen zur Überprüfung des Einflusses erhöhter Werkzeugtemperaturen auf die Formfülleigenschaften gefertigt. Es konnte nachgewiesen werden, dass mit steigenden Werkzeugtemperaturen insbesondere nahe oder innerhalb des Schmelztemperaturbereiches des verarbeiteten Kunststoffes erreichbare Fließweglängen bei sonst gleichen Verarbeitungsparametern zunehmen. Die Evaluation der Homogenität der Temperaturverteilung kann systemisch bedingt nicht durch eine vollständige Messung der entsprechenden Werkzeugteile erfolgen. Aus diesem Grund wurde ein Simulationsmodell entwickelt, mit dessen Hilfe die Prozessschritte des Aufheizens und des Abkühlens der Werkzeugein- und -aufsätze der festen und beweglichen Werkzeughälften numerisch nachgebildet werden können. Mithilfe des Simulationsmodells kann zu jedem beliebigen Zeitpunkt die Verteilung der Temperaturen an den Oberflächen, aber auch im Inneren der Werkzeugteile bestimmt werden. Die numerisch bestimmte Verteilung nach dem Ende des Aufheizens auf eine Zieltemperatur von 240 °C an den Messstellen wurde herangezogen, um die Homogenität entlang der Kavität der Fließspirale zu quantifizieren. Etwa die Hälfte der Kavität liegt im Bereich von Δϑ=± 8,6 °C um den Mittelwert von ϑ=263,5 °C und erzielt damit eine vergleichbar homogene Temperaturverteilung wie andere Aufheiztechnologien (Wasser, Heißluft).
Based on an analysis and evaluation of the state of the art of temperature control technologies used for variothermal mould temperature control in the injection moulding process, requirements for variothermally temperature-controlled injection moulds were defined as part of this work. Criteria that influence the temperature change dynamics, the possibility of integration into the automated injection moulding cycle and the homogeneity of the resulting temperature distribution are essential. Based on the requirements, mould concepts were developed and evaluated in relation to each other. The selected mould concept is a combination of heating by means of infrared radiation using halogen radiators in combination with a water cooling system. In order to minimise the masses to be heated and thus increase the temperature change dynamics, the fixed and movable mould halves were each divided into a mould attachment and a mould insert, which have no contact with each other when open and are thermally insulated from each other by an air gap. The mould attachments form the critical areas for forming. Cooling channels are embedded in the mould inserts so that cooling water flows permanently through them. When the mould is open, the mould inserts are heated by the halogen radiators on the back. These are embedded in the mould inserts. Thanks to this integrative design, the heating process step can take place in parallel with other mould functions and movements (opening, closing, ejection). When the mould is closed, the insulating air gap is closed and the mould inserts are cooled through contact with the relatively colder mould inserts. Thermal energy that cannot be extracted immediately by the cooling system is initially stored in the mould insert and removed by the cooling system as soon as contact with the respective mould insert is removed again. This means that part of the cooling time can also take place parallel to the cycle. The developed mould concept was transferred to a prototype mould with which manufacturing experiments were carried out. Initially, the investigation was carried out without injecting molten plastic into the cavity in order to quantify the temperature change dynamics independently of the influence of the transported energy of the hot molten plastic. A heating rate of up to ṪHeiz = 4,2 K/s and a cooling rate of up to ṪKühl = 2,7 K/s were achieved. Flow spirals were then produced to examine the influence of increased mould temperatures on the mould filling properties. It has been shown that with increasing mould temperatures, especially near or within the melting temperature range of the processed plastic, achievable flow path lengths increase with otherwise identical processing parameters. For systemic reasons, the homogeneity of the temperature distribution cannot be evaluated by a complete measurement of the corresponding mould parts. For this reason, a simulation model was developed which can be used to numerically simulate the process steps of heating and cooling the mould inserts and attachments of the fixed and movable mould halves. The simulation model can be used to determine the distribution of temperatures on the surfaces and inside the mould parts at any point in time. The numerically determined distribution after the end of heating to a target temperature of 240 °C at the measuring points was used to quantify the homogeneity along the cavity of the flow spiral. Approximately half of the cavity lies in the range of Δϑ = ± 8,6 °C around the mean value of ϑ = 263,5 °C and thus achieves a homogeneous temperature distribution comparable to other heating technologies (water, hot air).