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Offenheit für Erfahrung als Indikator des Explorationssystems zur Steuerung ästhetisch orientierten Verhaltens und Erlebens

GND
1097305198
Affiliation/Institute
Institut für Musik und ihre Vermittlung
Bötsch, Isabell

Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines theoretischen Modells des explorativen Verhaltens und seiner Bedeutung für ästhetisches Erleben und Verhalten. In einem ersten Schritt werden aktuelle theoretische Ansätze zur Erklärung der ästhetischen Erfahrung hinsichtlich der Verankerung von Explorationsprozessen diskutiert. Des Weiteren wird der Einfluss ästhetischer Fähigkeiten auf ästhetische Erlebensprozesse sowie das Merkmal Offenheit für Erfahrung als möglicher gemeinsamer Indikator für interindividuelle Unterschiede in den ästhetischen Fähigkeiten und somit im ästhetischen Erleben herausgearbeitet. Die Auseinandersetzung mit dem prärezeptiven ästhetischen Verhalten und den interindividuellen Unterschieden zeigt, dass es sich bei Offenheit für Erfahrung um einen wesentlichen Einflussfaktor für explorative Verhaltenstendenzen handeln könnte.

Da jedoch Offenheit für Erfahrung als lexikalisch entwickeltes Konstrukt bislang innerhalb der Musikpsychologie und empirischen Ästhetikforschung nur selten als explorative Verhaltenstendenz hinreichend theoretisch hergeleitet und begründet wird, werden in einem zweiten Schritt lexikalische und biologisch-orientierte Persönlichkeitsmodelle und -konstrukte sowie ihre Zusammenhänge mit einer allgemeinen Explorationstendenz herausgearbeitet. Hierbei zeigt sich vor allem, dass das Modell von DeYoung (2013), in dem Dopamin als Neuromodulator der Exploration verstanden wird, einen geeigneten Ansatzpunkt für eine Definition von Offenheit für Erfahrung als explorative Verhaltenstendenz bietet. Mittels dieses theoretischen Modells sind sowohl die Effekte von Offenheit für Erfahrung beim ästhetischen Erleben als auch auf ein prärezeptives ästhetisches Verhalten erklärbar. Insbesondere der messtheoretische Ansatz von von Georgi & Frieler (2014) zur Erfassung eines prärezeptiven ästhetischen Verhaltens kann direkt aus dem Modell von DeYoung (2013) abgeleitet werden und ermöglicht die Messung eines explorativen Verhaltens gegenüber einem Angebot von Musik. Allerdings wurde dieser Ansatz in der Vergangenheit nicht hinreichend theoretisch verankert und empirisch geprüft.

Daher wurden in einem dritten Schritt drei Studien durchgeführt, die auf dem ursprünglichen Design von von Georgi & Frieler (2014) basieren, und um zusätzliche Variablen zur Messung einer generellen Explorationstendenz erweitert. In den drei Studien sowie in der Gesamtstichprobe zeigt sich als zentrales Ergebnis, dass Offenheit für Erfahrung ein musikbezogenes prärezeptives exploratives Verhalten vorhersagt. Mediatoranalysen ergeben, dass die allgemeine Musikpräferenzen selbst ein Ergebnis explorativen Verhaltens darzustellen scheinen und den Effekt von Offenheit für Erfahrung nicht auflösen. Der Einfluss weiterer Variablen (Expertise, Alter, Valenzurteile) wird in der Arbeit dargestellt und diskutiert.

Die Ergebnisse der Studien zeigen, dass Offenheit für Erfahrung interindividuelle Unterschiede in einem musikbezogenen prärezeptiven Explorationsverhalten erklären kann. Daher kann davon ausgegangen werden, dass das messtheoretische Design von von Georgi & Frieler (2014) ein exploratives Verhalten reliabel und valide erfasst. Weiterhin unterstützen die Ergebnisse die Annahmen des theoretischen Modells von DeYoung (2013). Beides verweist auf die Notwendigkeit einer biologisch-orientierten Neukonzeptionalisierung von Offenheit für Erfahrung sowie hiermit verbundenen Explorationsprozessen im ästhetischen Verhalten und Erleben.

The aim of this paper is to develop a theoretical model of exploratory behaviour and its significance for aesthetic experience and behaviour. In a first step, current theoretical approaches to explaining aesthetic experience are discussed with regard to the integration of exploratory processes. Furthermore, the influence of aesthetic abilities on the processes of aesthetic experience and the characteristic of openness to experience as a possible common indicator for interindividual differences in aesthetic abilities and thus in aesthetic experience will be elaborated. The investigation of pre-receptive aesthetic behaviour and inter-individual differences shows that openness to experience could be a significant factor influencing exploratory behavioural tendencies.

However, since openness to experience as a lexically developed construct has rarely been sufficiently theoretically derived and substantiated as an exploratory behavioural tendency within music psychology and empirical aesthetic research, lexically and biologically oriented personality models and constructs and their correlations with a general exploratory tendency are examined in a second step. It turns out that DeYoung's (2013) model, in which dopamine is understood as a neuromodulator for exploration, provides a suitable starting point for defining openness to experience as an exploratory behavioural tendency. This theoretical model can be used to explain the effects of openness to experience on aesthetic experience as well as on pre-receptive aesthetic behaviour. In particular, von Georgi & Frieler's (2014) measurement-theoretical approach to capturing pre-receptive aesthetic behaviour can be directly derived from DeYoung's (2013) model and allows for the measurement of explorative behaviour towards a music offering. However, this approach has not been sufficiently theoretically grounded and empirically tested in the past.

Therefore, in a third step, three studies were conducted based on the original design of von Georgi & Frieler (2014) and extended by additional variables to measure a general exploratory tendency. In the three studies, as well as in the overall sample, the central finding is that openness to experience predicts music-related pre-receptive exploratory behaviour. Mediator analyses show that general music preferences themselves seem to be a result of exploratory behaviour and do not resolve the effect of openness to experience. The influence of other variables (expertise, age, valence judgments) is presented and discussed in the paper.

The results of the studies show that openness to experience can explain interindividual differences in music-related pre-receptive exploratory behaviour. Therefore, it can be assumed that the measurement theory design of Georgi & Frieler (2014) reliably and validly captures explorative behaviour. Furthermore, the results support the assumptions of DeYoung's (2013) theoretical model. Both point to the need for a biologically oriented reconceptualization of openness to experience and related exploration processes in aesthetic behaviour and experience.

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