Der Transport von Harman-Alkaloiden in Pflanzen
Zahlreiche Studien zur Aufklärung des “Horizontalen Naturstoff-Transfers“ zeigten, dass die synthetisierten Naturstoffe einer Pflanze (Donor) über den Boden in eine in der Nähe wachsende Pflanze (Akzeptor) aufgenommen werden (Lewerenz et al. 2022). Innerhalb der Akzeptorpflanze spielen zwei wichtige Faktoren – die Verlagerung der Naturstoffe in die Blätter und die Modifikation – eine wichtige Rolle für die gesamte Aufnahme. Bis zu dieser Studie konnten diese Prozesse für Alkaloide aufgrund von Detektionsschwie¬rig¬keiten sowohl der genuinen Substanzen als auch ihrer Modifikationsprodukte nicht näher untersucht werden. Unter Verwendung der auffällig fluoreszierenden Harman-Alkaloide konnten erstmals die Zusammenhänge zwischen Aufnahme, Verlagerung und Modifikation von Alkaloiden in Akzeptorpflanzen untersucht werden. Die distinkte Fluoreszenz dieser Alkaloide erlaubte zudem mit Hilfe der konfokalen Laser-Scanning-Mikroskopie eine Lokalisierung auf Gewebe-Ebene und eine Visualisierung der Ver¬lagerung des Harmalins über das Xylem und die anschließende Umwandlung zu Harmin. Die Quantifikation der Aufnahme von Harmol, Harman, Harmalin und Harmin in fünf verschiedene Akzeptorpflanzen zeigte eindrücklich, dass in den meisten Fällen zwischen 1 bis 20% der im Medium applizierten Alkaloide in die Keimlinge aufgenommen wurden. Harman wird im Gegensatz zu den anderen Alkaloiden von allen Akzeptorpflanzen am besten aufgenommen. Zudem wird Harman am effektivsten in die Blätter verlagert, wohingegen Harmol in allen Akzeptorpflanzen stark in den Wurzeln akkumuliert. Als Ursache der Retardation konnten extrazelluläre Wurzelanhaftungen ausgeschlossen werden. Harmalin wird im Vergleich zu den anderen Alkaloiden am stärksten modifiziert; hier zeigte sich auch am deutlichsten, dass die Modifizierung nicht nur in den Blättern sondern auch bereits in den Wurzeln stattfinden kann. Aufgrund der großen Unterschiede bei den Modifikationen kann gefolgert werden, dass diese Reaktionen nicht auf ein generelles Detoxifizierungssystem zurückzuführen sind, sondern eher auf Nebenaktivitäten sogenannter “promisker“ Enzyme. Entsprechend muss das in der Literatur postulierte Green Liver-Konzept, das eine gezielte Entgiftung von Xenobiotika beschreibt, zurückgewiesen werden. Die Aufnahme, Verlagerung und Modifikation der applizierten Alkaloide stellen komplexe Vorgänge dar, die sowohl durch artspezifische Faktoren als auch durch die unterschied¬lichen physikochemischen Eigenschaften der Alkaloide beeinflusst werden. Ein weiterer Aspekt dieser Arbeit betrifft den Vergleich der Verlagerung der Harman-Alkaloide in Akzeptorpflanzen mit dem in Peganum harmala. Hierfür ist die Kenntnis der Biosynthese in dieser Pflanze dringend erforderlich. Eine Bilanzierung des Alkaloid-Gehalts und –Spektrums in verschiedenen Organen von P. harmala lässt vermuten, dass die Alkaloide durch einen Source-sink-Transport über das Phloem aus den Wurzeln in die Samen verlagert werden. In den Akzeptorpflanzen werden die aufgenommen Harman-Alkaloide im Xylem in die Blätter verlagert. Im Gegensatz dazu erfordert ein Phloem-Transport die Samen die Bildung spezieller, nicht membrangängiger Transportmetabolite. Lediglich im Fall sehr alkalischer Alkaloide können auch die freien Basen im Phloem transportiert werden.
Several studies dedicated to the elucidation of the Horizontal natural products transfer showed that secondary metabolites released from one plant (donor) into the soil can be taken up by plants growing nearby (acceptor, Lewerenz et al. 2022). In the acceptor plants two major factors – the translocation of the natural products into the leaves and their modification – influence the overall uptake. Up until now, these processes could not be elucidated for alkaloids, because it was difficult to not only detect the genuine substance but also the products of the modification. By using the strikingly fluorescent harmala alkaloids the connections between the uptake, the translocation and the modification could be studied for the first time. Employing confocal laser-scanning microscopy the distinct fluorescence of these alkaloids allowed for a localisation on the cellular level and the visualisation of the translocation of harmaline over the xylem and their succinct modification to harmine. The quantification of the uptake of Harmol, harmane, harmaline and harmine in five different acceptor plants indicated that in most cases 1 to 20 percent of the alkaloids applied to the media were taken up into the seedlings. In contrast to the other alkaloids, harmane was taken up by all acceptor plants in the highest amounts. In addition, harmane was far more efficiently taken up into the leaves, whereas Harmol accumulated strongly in the roots. Extracellular root adhesions as a cause for this retardation could be ruled out. Harmaline was the alkaloid that was the most modified; it could also be shown that modifications not only occurred in the leaves but also already inside of the roots. Based on the huge differences in the catalyzed modifications, it was concluded that these reactions cannot be attributed to a general detoxification system, but rather result from differing side activities of so called “promiscuous” enzymes. Respectively, the postulated Green liver concept, which details a directed detoxification of xenobiotica, has to be rejected. The uptake, translocation and modification of the applied alkaloids represent complex processes that can be influenced either through species specific factors or the differing physicochemical properties of the alkaloid.
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