Eye-Tracking-basierte Entwicklung, Gestaltung und Analyse von Mixed-Reality-Lernumgebungen zu physikalischen Experimenten
Mixed Reality bietet als Kombination aus realer Umwelt und virtueller Realität zahlreiche Möglichkeiten im Lehr-Lern-Bereich eingesetzt zu werden. Mit Hilfe der Technologie können nicht sichtbare Vorgänge modellhaft direkt in die Realität integriert dargestellt werden. Die Integration der beiden Realitäten kann beispielsweise bei Experimenten in den Naturwissenschaften einen Vorteil gegenüber herkömmlichen Aufbauten, bestehend aus Experiment und zusätzlichen schriftlichen Materialien, bieten. Bei der Erstellung von Lernmaterialien spielt allerdings immer die Gestaltung eine zentrale Rolle. In der vorliegenden Arbeit wird daher der Gestaltungsprozess von Mixed-Reality-Anwendung für das experimentbezogene Problemlösen in den Naturwissenschaften genauer in den Fokus genommen. Das experimentbezogene Problemlösen stellt einen wichtigen Bereich in den Naturwissenschaften dar. Der Problemlöseprozess kann im Allgemeinen in vier Phasen eingeteilt werden, das Verstehen des Problems, bei dem Problemrepräsentationen auf Basis von mentalen Modellen gebildet werden, das Entwerfen von Lösungsstrategien, das Ausführen dieser und schließlich das Evaluieren der durchgeführten Strategien. Insbesondere in der ersten Phase sind die Lernenden darauf angewiesen, dass sie korrekte mentale Modelle abrufen können, um das Problem zu verstehen. Alle weiteren Schritte bauen auf diesem ersten wichtigen Schritt auf. Problematisch ist, dass in den Naturwissenschaften häufig mentale Modell auf Grundlage von Theorie gebildet werden müssen, um sie dann im Experiment anwenden zu können, es also zwei normalerweise räumlich und zeitlich getrennte Lernräume gibt. An diesem Punkt kann MR ansetzen, um diese beiden Lernräume miteinander zu kombinieren und den Lernenden so die Verbindung von Modellen mit dem Experiment zu erleichtern und den ersten Schritt im Problemlöseprozess zu unterstützen. Neben der Berücksichtigung von Gestaltungskriterien für multimediale Lernumgebungen, beispielsweise aus der kognitiven Theorie des multimedialen Lernens, müssen für die Gestaltung von MR-Experimentierumgebungen auch die zu visualisierenden Modelle sinnvoll und möglichst nutzerorientiert ausgewählt werden. In der vorliegenden Arbeit soll ein kriteriengeleiteter und nutzerorientierter Gestaltungsprozess für MR-Experimentierumgebungen entwickelt werden. Im Rahmen dessen wird eine MR-Experimentierumgebung zum experimentbezogenen Problemlösen gestaltet und erfolgreich evaluiert. Dafür wird zunächst das experimentbezogene Problemlösen von Probanden unterschiedlicher Expertise mit Hilfe eines Mixed-Methods-Ansatzes bestehend aus Blickdaten, Fragebögen und Interviews genauer analysiert. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf Unterschieden in den Problemlösestrategien zwischen Lernenden hoher und geringer Expertise. Dafür werden die Blickdaten hinsichtlich der Aufmerksamkeitshäufungen, der typischen Blickmuster, der Fixationen und der Transitionen sowohl qualitativ als auch quantitativ mit statistischen Verfahren analysiert. Weiterhin werden das Vorwissen, die kognitive Belastung und der Problemlöseerfolg mit einbezogen. Basierend auf den Erkenntnissen werden die Visualisierungen für die Gestaltung der MR-Experimentierumgebung abgeleitet und diese wird unter Berücksichtigung theoretischer Designkriterien erstellt. Anschließend wird die MR-Anwendung in einer Evaluationsstudie hinsichtlich der Blickdaten, der kognitiven Belastung und des Problemlöseerfolgs zunächst zwischen Probanden hoher und geringer Expertise analysiert. Darauf aufbauend werden auch die Unterschiede zwischen Probanden hoher Expertise mit und ohne MR sowie zwischen Probanden geringer Expertise mit und ohne MR evaluiert. Die Ergebnisse zeigen, dass die MR-Anwendung unter Nutzung des nutzerorientierten und kriteriengeleiteten Gestaltungsprozesses sowohl den Problemlöseerfolg steigert als auch die kognitive Belastung reduziert. Weiterhin ähneln die Aufmerksamkeitshäufungen und Blickmuster der Lernenden geringer Expertise unter Nutzung von MR denen von Lernenden hoher Expertise. Auf Grund der sich gegenseitig stützenden Auswertung von Blick- und Interviewdaten kann eine Annäherung der Problemlösestrategien der Probanden geringer Expertise mit MR-Unterstützung an die der Probanden hoher Expertise geschlussfolgert werden. Die Arbeit liefert einen guten Ansatz zum Umdenken bei Gestaltungsprozessen von MR-Experimentierumgebungen hin zu einer stärkeren Nutzerorientierung und einem kriteriengeleiteten Design.
Mixed reality, as a combination of real environment and virtual reality, offers numerous possibilities for use in teaching and learning. With the help of this technology, processes that are not visible can be directly integrated into reality as models. The integration of the two realities can, for example, offer an advantage in experiments in the natural sciences compared to conventional set-ups consisting of an experiment and additional written materials. However, design always plays a central role in the creation of learning materials. This work therefore focuses more closely on the design process of mixed reality applications for experiment-based problem solving in the natural sciences. Experiment-based problem solving is an important area in the natural sciences. The problem solving process can generally be divided into four phases, the understanding of the problem, where problem representations are formed based on mental models, the design of solution strategies, the execution of these and finally the evaluation of the executed strategies. Especially in the first phase, learners depend on being able to recall correct mental models in order to understand the problem. All further steps build on this first important step. The problem is that in the natural sciences, mental models often have to be formed on the basis of theory in order to then be able to apply them in experiments, so there are two learning spaces that are normally separated in space and time. This is where MR can come in to combine these two learning spaces to help learners connect models to experimentation and support the first step in the problem-solving process. In addition to considering design criteria for multimedia learning environments, for example from the cognitive theory of multimedia learning, the models to be visualised must also be selected sensibly and as user-oriented as possible for the design of MR experimental environments. In the present work, a criterion-guided and user-oriented design process for MR experimental environments will be developed. Within the framework of this process, an MR experimentation environment for experiment-related problem solving is designed and successfully evaluated. For this purpose, the experiment-related problem solving of subjects with different expertise will first be analysed in more detail using a mixed-methods approach consisting of gaze data, questionnaires and interviews. The focus is particularly on differences in problem-solving strategies between learners of high and low expertise. For this purpose, the gaze data will be analysed both qualitatively and quantitatively with statistical methods with regard to attention clusters, typical gaze patterns, fixations and transitions. Furthermore, prior knowledge, cognitive load and problem-solving success are included. Based on the findings, the visualisations for the design of the MR experimental environment will be derived and this will be created taking into account theoretical design criteria. Subsequently, the MR application is analysed in an evaluation study with regard to gaze data, cognitive load and problem-solving success, first between subjects of high and low expertise. Based on this, the differences between subjects of high expertise with and without MR as well as between subjects of low expertise with and without MR are also evaluated. The results show that the MR application using the user-oriented and criterion-guided design process both increases problem-solving success and reduces cognitive load. Furthermore, the attention clusters and gaze patterns of low expertise learners using MR resemble those of high expertise learners. Based on the mutually supporting analysis of gaze and interview data, a convergence of the problem-solving strategies of the low expertise subjects with MR support with those of the high expertise subjects can be concluded. The work provides a good approach to rethinking design processes of MR experimental environments towards a stronger user orientation and a criterion-guided design.