Untersuchungen zur technischen und wirtschaftlichen Optimierung der Nährstoffrückgewinnung aus Klärschlamm
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Nährstoffrückgewinnung aus kommunalen Klärschlämmen. Grundlage der durchgeführten Untersuchungen bilden die Erkenntnisse aus dem langjährigen Betrieb einer großtechnischen Anlage zur Phosphor- und Stickstoffrückgewinnung aus Faulschlamm. Die wissenschaftlich-technisch untersuchte Anlage stellt weltweit eine der wenigen großtechnischen Umsetzungen zur Nährstoffrückgewinnung dar und wird auf der Kläranlage Gifhorn unter dem Namen Seaborne
betrieben. Die Anlagentechnik basiert auf einer Nährstoffrücklösung mittels chemischer Extraktion und anschließender Nährstoffrückgewinnung mittels MAP-Fällung sowie Ammoniakstrippung. Neben großtechnischen Untersuchungen wurden in betriebsbegleitenden Laborversuchen verschiedene Verfahrenstechniken zur technischen und wirtschaftlichen Anlagenoptimierung untersucht. Festgestellt wurde u. a., dass die hohe gelöste Eisenkonzentration, die durch die Ansäuerung des Schlamms hervorgerufen wurde, den Anlagenbetrieb negativ beeinträchtigte. Daher wurden Verfahrenstechniken untersucht, die zur gezielten Ausschleusung von Eisenionen während der Nährstoffremobilisierung eingesetzt werden können. Durch die untersuchte sulfidische Eisenfixierung in der Extraktionsstufe gelang es, 90 % des Eisens, welches während der Ansäuerung zurückgelöst wurde, erneut in die Feststoffe einzubinden. Die im Labormaßstab entwickelte sulfidische Eisenfixierung wurde schließlich auf die Seaborne-Anlage übertragen und in einer mehrwöchigen Intensivmessphase großtechnisch untersucht. Insgesamt
konnte durch die Optimierungsmaßnahme ein eisenfreies Fällprodukt erzeugt und die Phosphorrecylingquote von 35 auf 50 % erhöht werden. Gleichzeitig konnte eine
fast vollständige Rückgewinnung der gelösten Calciumionen erreicht und die Ammoniakstrippung
erneut in Betrieb genommen werden, welche vor Umsetzung der Optimierungsmaßnahme durch Calciumcarbonatablagerungen in sehr kurzen Zeitintervallen regelmäßig verblockt war. Desweiteren wurden die einzelnen Verfahrensstufen der Anlage
in Laborversuchen nachgestellt und systematisch untersucht, um die eingesetzte Verfahrenstechnik für unterschiedliche Betriebsparameter und weitere Verfahrensvarianten zu analysieren und die jeweils zugehörige Betriebsmittelverbräuche zu ermitteln.
Im Rahmen der Untersuchungen zur wirtschaftlichen Verfahrensoptimierung wurden alternativ zu der chemischen Extraktion zwei weitere Verfahrenstechniken untersucht, die durch biologische bzw. mechanisch-thermische Rücklöseprozesse zu einer Minderung
des Säure- bzw. Laugeeinsatzes führen sollten. Die untersuchte Phosphatremobilisierung infolge mikrobieller Eisenreduktion (mittels externer Kohlenstoffquellen und einer 48stündigen anaeroben Inkubation bei 38 °C) führte zu einer 70%igen Phosphorrücklösung aus Überschussschlämmen. Bei einem Verzicht auf den Einsatz einer externen Kohlenstoffquelle lag die maximal erreichbare Rücklöserate bei 60 %. Bei Versuchen im
halbtechnischen Maßstab konnte durch eine Thermodruckhydrolyse bei Überschussschlämmen
mit vermehrter biologischer Phosphorelimination eine Phosphorrücklöserate von 40 % erreicht werden. Bei Schlämmen mit erhöhtem Anteil chemisch eliminierten
Phosphors hingegen wurde infolge einer Thermodruckhydrolyse keine nennenswerte
Rücklösung erzielt. Da nicht nur die Rücklösung der Nährstoffe, sondern auch deren Rückgewinnung mit
einem Chemikalieneinsatz verbunden ist, wurden für diesen Prozess ebenfalls Verfahrenstechniken untersucht, die zu einer Verringerung des Betriebsmitteleinsatzes führen sollten. In Laborversuchen konnte nachgewiesen werden, dass herkömmliche Fällmittel vollständig durch Meerwasser (als alternative Magnesiumquelle) ersetzt werden können. In weiteren Untersuchungen konnte belegt werden, dass durch eine gezielte Kohlendioxidstrippung
aus dem eingesetzten Prozessstrom bis zu 30 % der erforderlichen Laugemenge eingespart werden kann.
Nach Abschluss der technischen Untersuchungen wurde auf die Einsatz- und Kombinationsmöglichkeiten
der betrachteten Verfahren und deren Kosten näher eingegangen. Die einzelnen Prozessstufen, die auf ihre technische Umsetzbarkeit überprüft wurden, wurden zu unterschiedlichen Verfahrensvarianten zusammengestellt und jeweils Wirtschaftlichkeitsanalysen unterzogen. Im Rahmen eines Fallbeispiels wurden mehrere Szenarien definiert, in denen die untersuchten Verfahrenstechniken jeweils unterschiedlich kombiniert wurden. In jedem Szenario wurden die Investitions- und Betriebskosten
der entsprechenden Verfahrenskombination aufgeschlüsselt. Für jedes Szenario wurden die zugehörigen Produktionskosten ermittelt und die untersuchten alternativen Verfahrenstechniken
wirtschaftlich vergleichend bewertet.
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