Zum Fahrerzustand beim automatisierten Fahren : Objektive Messung von Müdigkeit und ihre Einflussfaktoren
Eine automatisierte Fahrfunktion gemäß SAE Level 2 erfordert die permanente Überwachung der Fahrzeugsteuerung und der Verkehrsumgebung, wohingegen ein Level 3 die Abwendung von der Fahraufgabe gewährleistet und somit die Beschäftigung mit fahrfremden Tätigkeiten (FFT) ermöglicht. Erkenntnisse aus Grundlagen- und Anwendungsforschung zeigen, dass der Mensch insbesondere Level 2-typische Überwachungstätigkeiten, d.h. Vigilanzaufgaben, nicht lange bewerkstelligen kann, weil er ermüdet. Eine objektive Müdigkeitsmessung in einer realen Level 2-Fahrt unter Berücksichtigung individueller Einflussfaktoren stand bis dato noch aus. Zunächst sollte die Anwendbarkeit von Elektroenzephalografie (EEG) über die Analyse von Alpha-Spindeln in einem „Wizard-of-Oz-Fahrzeug“ auf einer monotonen Teststrecke gezeigt werden. Ein erstes Experiment mit N = 35 Probanden legte den Fokus auf die Auswirkungen der Fahrdauer (60 Minuten) in Level 2 und dessen Funktionszuverlässigkeit. Erwartungsgemäß traten große individuelle Unterschiede im Ermüdungsverhalten auf: EEG-basiert als „ermüdet“ klassifizierte Probanden besaßen in den ersten 20 Minuten eine deutliche Müdigkeitszunahme, wobei ca. 66 % der Varianz in der Ermüdungsstärke anhand der Fahrdauer aufgeklärt werden konnten. Anschließend trat eine Müdigkeitssättigung ein. Sowohl ältere Versuchsteilnehmer als auch Fahrer unter Koffeineinfluss wiesen eine signifikant niedrigere Ermüdung auf. Nach ca. 50 Minuten zeigten „ermüdete“ Probanden verzögerte Reaktionen auf einen Automatisierungsfehler, wobei die Funktionszuverlässigkeit grundsätzlich keinen Einfluss auf das Ermüdungsmuster hatte. Allerdings konnten Automatisierungsfehler eine Aktivierung für etwa zwei Minuten hervorrufen, wenn eine hohe Ermüdung vorlag und noch keine Habituation an die Fehler stattfand. In einem zweiten Experiment erlebten N = 19 Teilnehmer abwechselnd entweder ein Level 2 oder ein Level 3 kontinuierlich für jeweils 28 Minuten mit anschließenden Transitionen zum manuellen Fahren. Die Übernahmezeiten betrugen müdigkeitsbedingt nach Level 2 im Mittel ca. vier Sekunden. Wenn nach Level 3 die FFT vor Übernahme beiseitegelegt wurde, waren Übernahmezeiten von durchschnittlich ca. acht Sekunden messbar. Die Ausbildung von Müdigkeit konnte in Level 3 für bis zu 25 Minuten unterdrückt werden. Somit besitzt ein Level 3 mit FFT-Beschäftigung (verglichen mit einem Level 2) ein deutliches Aktivierungspotential, wodurch ebenfalls die Verkehrssicherheit erhöht werden kann.
An automated driving function in accordance with SAE Level 2 requires permanent monitoring of the vehicle control and the traffic environment, whereas Level 3 ensures that the driver is able to turn away from the driving task, thus enabling him to engage in non-driving related tasks (NDRT). Findings from basic and applied research show that humans cannot perform Level 2 typical monitoring activities in particular, i.e. vigilance tasks, for longer periods of time because they tire. An objective measurement of fatigue in a real Level 2 drive, considering individual influencing factors, has not yet been carried out. Initially, the applicability of electroencephalography (EEG) was to be demonstrated via the analysis of alpha spindles in a "Wizard-of-Oz vehicle" on a monotonous test track. A first experiment with N = 35 subjects focused on the effects of driving time (60 minutes) in Level 2 and its functional reliability. As expected, large individual variations in fatigue behaviour occurred: Subjects, classified as "tired" due to EEG-based measurements, had a significant increase in fatigue in the first 20 minutes, whereby approx. 66 % of the variance in the level of fatigue could be explained by driving duration. Subsequently, a saturation of fatigue occurred. Both older test participants and drivers under the influence of caffeine showed a significantly lower level of fatigue. After approx. 50 minutes, "tired" subjects showed delayed reactions to an automation failure, whereby functional reliability basically had no influence on the fatigue pattern. However, automation failures caused an activation for about two minutes provided that a high fatigue level was present and no habituation to the failures had occurred. In a second experiment, N = 19 participants alternatingly experienced either Level 2 or Level 3 continuously for 28 minutes each with a subsequent transition to manual driving. Due to fatigue, the take-over times after Level 2 averaged around four seconds. If after Level 3 the NDRT was put aside before taking over, take-over times of approx. eight seconds on average were measurable. The development of fatigue could be suppressed for up to 25 minutes in Level 3. Thus, a Level 3 under engagement in NDRT (in comparison to Level 2) has a clear activation potential, which can also increase road safety.
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