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Sozialmedizinische Aspekte bei psychischen Erkrankungen Teil 1 : Definition, Epidemiologie, Kontextbedingungen und Leistungsbeurteilung bei psychischen Erkrankungen

Die Sozialmedizin ist ein interdisziplinäres Grundlagenfach der Humanmedizin, welches die Wechselwirkungen zwischen Krankheit, Gesundheit, Individuum und Gesellschaft sowie Organisationsstrukturen des Gesundheitswesens und des medizinischen Versorgungssystems analysiert, beschreibt und Strategien zur Prävention und Bekämpfung von Krankheiten entwickelt Die Lebenszeitprävalenz psychischer Erkrankungen in der liegt etwas bei einem Drittel der Bevölkerung. Je niedriger die soziale Schicht, umso höher ist das Risiko an einer psychischen Erkrankung zu leiden. Auch in sozialen Berufsfeldern beschäftigte Menschen sind häufiger betroffen. Psychische Erkrankungen sind regelhaft mit Beeinträchtigungen der sozialen Rollen verbunden, sie führen in etwa doppelt so häufig und länger zu AU wie somatische Erkrankungen, und sie gehören zu den häufigsten Ursachen für Frühberentungen. Eine sozialmedizinisch wichtige Problemstellung ist, wie Umwelt- bzw. Kontextfaktoren sich auf die psychische Gesundheit auswirken. Beispiele sind Posttraumatische Störungen am Arbeitsplatz, psychische Folgen von sozialen Konflikten am Arbeitsplatz, psychische Störungen im Kontext der Pflege von Angehörigen oder psychische Störungen aufgrund von Lebensbedingungen in Heimen. Wichtige sozialrechtliche Begriffe sind Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE, gesetzliche Unfallversicherung SGB VII), Arbeitsunfähigkeit (AU, gesetzliche Krankenversicherung SGB V), Erwerbsminderung (EM, gesetzliche Rentenversicherung SGB VI), Grad der Behinderung/Schädigungsfolgen (GdB/GdS, Schwerbehindertenrecht Teil 2 SGB IX). Hinter diesen Begriffen stehen jeweils unterschiedliche rechtliche Definitionen. Eine sozialmedizinisch wichtige Krankheitscharakterisierung ist die Unterscheidung zwischen akuten und chronischen Erkrankungen. Erstere sind episodisch, letztere erstrecken über einen Zeitraum von länger als sechs Monaten bis hin zu lebenslanger Krankheit. Nach der Definition des Sozialgesetzbuches IX werden chronische (psychische) Erkrankungen Behinderungen gleichgestellt. Die genaue Art der krankheitsbedingten Fähigkeitsstörung entscheidet im Zusammenhang mit dem Kontext, z.B. Rollenanforderungen einer Person (z.B. überwiegend Routinetätigkeiten oder täglich wechselnde Aufgabenbereiche) über das Ausmaß der Krankheitsfolgen, d.h. der Partizipationsstörung (z.B. Nichterfüllung von Leistungsanforderungen an einem speziellen 4 Arbeitsplatz mit wechselnden Tätigkeiten), und damit u. a. auch über die Krankheitswertigkeit des aktuellen Gesundheitszustandes Bei sozialmedizinischen Gutachten zur Frage der Leistungsfähigkeit ist der Bericht des Patienten zu differenzieren vom Befund der durch den Untersucher beobachtet wird. Es ist eine ausführliche Darstellung der Fähigkeiten und Aktivitäten erforderlich, die der Betroffene trotz seiner Gesundheitsstörungen verrichten kann. Dazu notwendig ist eine genaue Kenntnis des Leistungsanforderungsprofils auf das sich die Beurteilung bezieht.

Social medicine is an interdisciplinary subject of human medicine which analyses and describes the interactions between illness, individual and society, and organisational structures of the health care system, and aims at prevention and rehabilitation. The lifetime prevalence of mental disorders is about one third of the population. Poor social background, employment in a social professions are risk factors for mental disorders. Mental diroders are regularly associated with impairment in social functioning, lead to longtime sick leave and early retirement more often than somatic disorders. One central issue is how context factors influence mental health. Posttraumatic stress disorders due to accidents at the workplace are known as well as mental disorders occuring after social conflicts, but also in non-work domains like in caring of family members. An important distinction must be made between acute and chronic illness. Acute illness is episodic, chronic illness endures more than six months or even lifetime and is classified as impairment in the Social Law. The type and degree of illness-dependent capacity disorders and the specific context in which the person must fulfill role expectations must be recognized both when describing participation disorders. In socio-medical expert reports concerning the question of work ability of a patient, it must be differentiated between the complaints reported by the patient on the one hand, and the medical diagnosis and observation on the other hand. Only the latter is relevant for answering the question of observation.

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