Gerechte Verteilung als Mathematisches Problem
Der Begriff der Gerechtigkeit ist seit 2000 Jahren Gegenstand der Diskussion in Philosophie, Theologie und Rechtswissenschaft. Es mag verwundern, wenn sich hier die Mathematik zu Wort meldet. Zwar hat sie den genannten Wissenschaften voraus, daß ihre Begriffe scharf umrissen und ihre Ergebnisse unstrittig sind, aber der Verdacht liegt nahe, daß ihre Werkzeuge viel zu grob sind, um eine angemessene Behandlung des vielschichtigen und subtilen Begriffes der Gerechtigkeit zu erlauben. Demgegenüber soll hier gezeigt werden, daß Mathematik - das heißt strikte Formalisierung - sehr wohl zur Diskussion beitragen kann, auch, indem sie hilft, den Stoff zu strukturieren, die Begriffe zu präzisieren, Meinungen von Argumenten und Denkgewohnheiten von Sachzwängen zu unterscheiden. Über die gerechte Verteilung eines Gutes läßt sich häufig keine Einigkeit erzielen, jedoch findet man leichter einen Konsens darüber, daß manche Verteilungen sicher ungerecht sind. Die Ungerechtigkeit wird darin gesehen, daß gewisse sehr allgemeine (d. h. schwache) Prinzipien verletzt sind. Hiernach kann ein Verteilungsmechanismus von der Gesellschaft nur akzeptiert werden, wenn er in keinem Anwendungsfall die Prinzipien verletzt. Die Formulierung der Prinzipien ist nicht Sache der Mathematik, die Mathematik hat ihre Erfüllbarkeit und ihre Kombinierbarkeit zu untersuchen. Hier sollen die Anfänge der Ausführung eines solchen Programms an hand eines konkreten Problems beschrieben werden. Es wird dabei weniger um den Beweis einschlägiger mathematischer Lehrsätze (die es durchaus gibt!) und mehr um Grundsätzliches zur Formalisierung gehen.
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