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Rotunde und Baldachin: Die Raumgliederung der guarinesken Kirchen Böhmens

Jede entwicklungsgeschichtliche Interpretation des Architekturhistorikers taugt nur insoweit und solange, als sie nicht durch die Denkmäler selbst widerlegt wird. Ist das der Fall, kann man zeigen, daß sie auf unrichtigen Beobachtungen oder auf falschen Schlußfolgerungen oder auf der Nichtbeachtung wichtiger historischer Zusammenhänge beruht, wird sie obsolet und muß durch eine andere ersetzt werden, die dem baulichen Sachverhalt gerecht wird und sich auch in weiterem als dem regionalen Bereich bewährt. Das trifft zu für die Transformationstheorie, die Heinrich Gerhard Franz seit 1942 in verschiedenen Varianten dadurch vertritt, daß er die guarinesken Kirchenräume Böhmens durch Verbiegen oder Runden aus orthogonal strukturierten entstanden denkt und ihre bauliche Gestalt durch eine solche gestaltpsychologische Simulation genetisch-historisch erklären will. Auf eine solche Erklärung müssen wir jedoch zugunsten der historischen Erkenntnis verzichten, daß es sich bei den guarinesken Kirchenräumen Böhmens um Raumgliederung, nicht um Deformation handelt, daß also das äußerliche Merkmal der "Kurve", das bei diesen Bauten ins Auge fällt, nicht aus der "Geraden", sondern daß Kurve und Gerade durch Zusammenfügung und Ineinanderbildung einzelner Raumglieder entstanden sind. Solche uns fremd gewordene Art zu inventieren schlägt sich in einem besonderen Konstruktions-Maßwerk der Entwürfe nieder, das auf vielen erhaltenen Zeichnungen überliefert ist und von Paul Frankl, Oldrich Stefan, Albert Erich Brinckmann, Günther Neumann, Miroslav Korecky, Hans Reuther, Harmen Thies und Bernhard Schütz - um nur die wichtigsten Autoren zu nennen - studiert und interpretiert wurde. Zweifellos liegen die Wurzeln dieser Praxis im Begriff der seit Brunelleschi in der Baukunst Italiens entwickelten und geübten architektonischen Komposition.

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