Biodiversität und Vegetationsdynamik von Flußufern
Flora und Vegetation Mitteleuropas unterliegen einem starken Wechsel. Nach Ende der letzten Kaltzeit erfolgte die Wiederbesiedlung des zuvor weitgehend pflanzen-freien Gebiets innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes, wobei die Dynamik dieser Vorgänge durch das Eingreifen des Menschen stark verändert wurde. Intensive Landnutzung und Zerschneidung von Lebensräumen verlangsamten die Ausbreitung mancher Arten, bevor diese ihr potentielles Areal ausfüllen konnten. Einbringen gebietsfremder Arten und Nährstoffeinträge sind wichtige anthropogene Ursachen der Vegetationsdynamik. Rezente Ausbreitungsphänomene lassen sich heute vor allem entlang von Korridoren (FORMAN 1997) bzw. linearen Strukturen (BRANDES & OPPERMANN 1995) untersuchen. Flüsse sind nun die wichtigsten natürlichen Korridore: Für die meisten Organismen stellen sie zunächst ein Ausbreitungshindernis quer zu ihrer Fließrichtung dar; sie fördern aber einen Diasporentransport flußabwärts, in geringerem Maße auch flußaufwärts. Insbesondere Urstromtäler waren nach Ende der letzten Eiszeit Wanderwege vieler Pflanzenarten, so der “Xerothermrelikte” und der “Stromtalpflanzen”. Für die Stromtalpflanzen ist von einer Einwanderung aus dem unvergletschert gebliebenen Ost- bzw. Südosteuropa entlang der Urstromtäler auszugehen. Gerade an Flüssen können die gängigen Vernetzungshypothesen der Landschaftsökologie überprüft werden. Wenn auch anthropogen stark modifiziert, so sorgen Morpho- und Hydrodynamik der Flüsse auch heute noch für Veränderungen in der Vegetationsdecke, indem alte Wuchsplätze vernichtet und neue geschaffen werden, was insbesondere Pionierarten und Ruderalstrategen begünstigt. Flußufer stellen daher im Binnenland die Standorte mit der höchsten Dynamik dar, kurzfristige Vegetationsprozesse lassen sich hier am besten studieren. Fast alle Flüsse Europas sind jedoch durch Gewässerausbau und Gewässerverschmutzung verändert, wobei deren Auswirkungen sowohl auf die Vegetationsdynamik als auch auf den Artenreichtum der Ufervegetation bislang kaum untersucht wurden. Die anthropogenen Einflüsse erleichtern offensichtlich die Etablierung gebietsfremder Arten, was oft zu Änderungen der Konkurrenzverhältnisse führt und im Extremfall zur Verdrängung indigener Arten führen kann, so daß die Biodiversität der Flußufer und -auen auch unter diesem Aspekt zu diskutieren ist. An Beispielen eigener Untersuchungen sollen einige interessante Aspekte und die zu ihrer Untersuchung benutzten Methoden dargestellt werden.
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