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Invasive Pflanzen : Naturkatastrophen oder Spiegel unserer Kulturgeschichte?

Der Terminus „Biologische Invasion“ wird in der Literatur widersprüchlich verwendet. Er bezeichnet immer gebietsfremde Arten, die sich mit erheblichen Folgen für andere, in der Regel einheimische, Arten, oft verbunden mit gesundheitlichen und/oder wirtschaftlichen Schäden ausbreiten. Wegen der begrifflichen Verwirrung, die oft nicht nur naturwissenschaftliche Kriterien benutzt, wird hier der wertneutralen Definition von KOWARIK (2003 a) gefolgt. Biologische Invasionen sind demnach durch Menschen vermittelte Ausbreitung und Vermehrung von Organismen in einem Gebiet, das sie zuvor nicht auf natürlichem Wege erreicht haben. Hieraus ergibt sich unmittelbar die Definition für invasive Pflanzen. Als bemerkenswert erscheint, dass es sich bei „biologischen“ Invasionen nach vorherrschender Expertenmeinung immer um direkt oder indirekt vom Menschen ausgelöste Vorgänge handelt, bei denen derzeit in der Natur vorhandene Ausbreitungsbarrieren überwunden wurden. Die mitteleuropäische Pflanzengeographie hatte genau hierfür längst den Begriff „Anthropochore“ geprägt. Aufbauend auf grundlegenden Arbeiten von THELLUNG (1915 u. 1918/19) wurde eine differenzierte Klassifikation der Anthropochoren entwickelt, wobei Einbürgerungsgrad, Einwanderungszeit und Einwanderungsweise die wichtigsten Einteilungsprinzipien sind (vgl. SCHROEDER 1998 u. 2000, SUKOPP 1998). Insofern wird möglicherweise ein in der zentraleuropäischen Biologie sehr eingehend erforschtes Terrain zumindest begrifflich den Termini der zeitgeistigen „Invasionsbiologie“ geopfert, ohne dass dies mit einem Erkenntniszuwachs verbunden wäre. In dieser Publikation soll aufgezeigt werden, dass Ausbreitungen von Pflanzenarten unter dem Einfluss des Menschen im nacheiszeitlichen Mitteleuropa keineswegs so neuartig sind wie oft vermutet und dass sie nur interdisziplinär im Kontext unserer Kulturgeschichte verstanden werden können.

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