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Die Einstellung von Prozessbeteiligten zur Problematik gesetzlich zulässiger Fernsehaufnahmen während einer strafrechtlichen Hauptverhandlung

Affiliation/Institute
Institut für Psychologie
Cordes, Susanne

Die audiovisuelle Gerichtsberichterstattung wird in deutschen Strafprozessen aufgrund eines gesetzlichen Medienverbot nicht zugelassen. Die Gegner argumentieren, dass die Fernsehberichterstattung die Persönlichkeitsrechte von Prozessbeteiligten verletzt und den Wahrheitsfindungsprozess erschwert. Zu Bedenken sei auch, dass das gefilmte Bildmaterial anschließend von den Sendeanstalten nach den Kriterien massenwirksamer Fernsehberichterstattung effektiv zusammengestellt wird, worauf sie keinen Einfluss haben. Sie befürchten dass die Fernsehübertragung nicht nur der Information, sondern dem Unterhaltungs- und Sensationsbedürfnis eines Massenpublikums dient. Der Gerichtsaal würde zur Schaubühne, auf der sich die Prozessbeteiligten dementsprechend verhalten werden. Diese Argumente können aufgrund des Medienverbotes nicht untersucht werden. In dieser Studie werden erstmalig die Einstellungen deutscher Richter, Staatsanwälte und Verteidiger und Angeklagter zur zulässigen Fernsehberichterstattung befragt. Die Vertreter der Justiz befürchten, dass sich das Verhalten vor einer Fernsehkamera ändern kann, es wurde überprüft, ob Persönlichkeitsanteile Einfluss auf die Einstellung von Prozessbeteiligten nehmen. Aus ethischen Gründen wurden Opfer und Zeugen nicht in die Untersuchung einbezogen. Es wurden hochsignifikante Einstellungsunterschiede zwischen den Juristen und den Angeklagten festgestellt: Die Juristen lehnen die Fernsehberichterstattung ab. Die Angeklagten fühlen sich psychisch nicht beeinträchtigt, sondern befürworten sie. Die Persönlichkeitsunterschiede innerhalb der Gruppen der Juristen und zwischen Juristen und Angeklagten weisen auf widersprüchliche Einstellungen und Verhaltensmuster hin. Die qualitative Auswertung der offen gestellten Frage zum Tatopfersschutz während der Anwesenheit des Fernsehens ergab, dass es nach Aussage der Anwälte keinen Schutz für die Opfer gibt. Die Angeklagten befürworten, dass das Opfer in der Hauptverhandlung anonymisiert wird, damit es visuell nicht erkennbar ist.

Audio-visual broadcasting is by law prohibited in German courtrooms. Presence of TV media affects the personal rights of persons involved in legal proceedings and also complicates the process of finding the truth. It also has to be considered that taped visual material might be assembled in such a manner that the focus will be primarily on high ratings, which cannot be controlled by persons involved in the proceedings. They fear that TV stations might use the taped material for mass entertainment and not for informational purposes. The courtroom may become a stage where the people involved may behave like actors. These arguments cannot be examined due to the restrictions on media presence enforced by law. For the first time this study questions judges, prosecutors, lawyers, and defendants regarding their views on TV broadcasting. In regard to possible behavioral changes it was examined, whether the participants views were influenced by personality traits. Victims and witnesses were not included in this study due to ethical reasons. Significant differences between the views of the legal professionals and the defendants were found. Legal professionals were opposed to the TV broadcasting, whereas defendants supported it. Contrary to the assumptions made, defendants were not affected psychologically. Differences in personality traits within the groups of legal professionals and between legal professionals and defendants point to inconsistent views and behavioral patterns. An openly asked question about the effectiveness of victim protection was analyzed qualitatively. According to lawyers, protection of victims is not possible if media is present. The defendants suggest making the victims anonymous during trial to prevent visual recognition.

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